Bauchtanz ähnelt eher Kasatschok Neustadt/WN. (kad) „666333. Ruf mich an!" Diese Aufforderung rief die ehemüde Anna, alias Monika Helmstreit, ins Publikum und meinte damit die Männer im Parkett der Stadthalle, die - zugegeben - stark in der Minderzahl waren. Reizvoll sah sie nicht gerade aus in ihrem hellblauen Rundstrick-Charme mit altmodischer Brille und einem Ungetüm von Handtasche. Frisur und leicht verkniffener Gesichtsausdruck erinnerten eher an „Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer. Nicht gerade verwunderlich, dass kein Mann anrief und Anna ein Schäferstündchen und damit einen Seitensprung vom Gatten Friedhelm ermöglichte.
Ihre Freundin Berta (Regina Diegel) war mit seltsamem Hütchen und wadenlangem Mantel in Seniorengrau auch nicht gerade eine Augenweide, gab aber einige abstruse Erfahrungen mit ihrem Mann Micky preis. Das Gelächter im Publikum kam ganz schnell und ganz intensiv, auch wenn das Frauenlachen dabei eindeutig dominierte. Geballte Frauenpower Die zwei Kabarettistinnen und ihre musikalische „Hintergrundmannschaft", Bernhard Helmstreit und Wolfgang Dirscherl, sind in der Oberpfalz unter dem Namen „Die Schrägschrauben" überall bekannt. Kein Wunder also, dass locker 300 Leute zum „Best of'-Programm am Freitagabend in die Stadthalle strömten.
Die von Humor überbordende Veranstaltung hatte aber einen ernsten Hintergrund. Die „Schrägschrauben" verzichteten nämlich auf ihr Honorar und stifteten es dem Bunten Kreis Nordoberpfalz an der Kinderklinik Weiden und dem Förderverein für Schwerkranke der Kliniken Nordoberpfalz. Initiatoren waren die Gleichstellungsbeauftragten von Neustadt, Barbara Mädl, und Weiden, Monika Langner.
Zu den begeisterten Gästen zählten neben Waltraud Koller-Girke und Dr. Helmut Hofmeister vom Förderverein für Schwerkranke und Birgit Götz vom Bunten Kreis auch stellvertretender Landrat Willi Neuser. Er bekam die geballte Frauenpower zu spüren, als eine der mittlerweile esoterisch agierenden „Schrägschrauben" mittels Wünschelrute prüfte, ob er denn Gefühle für sie empfindet. Und als zur rauchig-röhrenden Stimme von Joe Cocker ein Strip der Sonderklasse unterm alles verbergenden Damenmantel hingelegt wurde, war es Neuser, der den Büstenhalter zugeworfen bekam. Unterm Mantel steckte dann übrigens ein züchtiges Dirndl.
Überhaupt begeisterten die Akteurinnen das Publikum mit professioneller Vielseitigkeit. So reichte ihr musikalisches Reservoir von arienähnlichen Koloraturen bis hin zum Diskohit der Siebziger. Ihre Verwandlungskünste ließen Metamorphosen von der etwas ältlichen Hausfrau über die dralle Volksmusiksängerin bis hin zum rotlockigen Vamp zu.
„Männer sind unheimlich" Physisch ist das Programm sicherlich ebenfalls eine Höchstleistung, wenn man sich vorstellt, dass hier semiprofessioneller Bauchtanz geboten wird. Das sieht dann zwar wie eine Mischung aus Kamel-Antreiben und russischem Kasatschok aus, aber johlendes Publikum lohnt die Anstrengung allemal.
Was soll man als Fazit aus dem Programm mit nach Hause nehmen? Die „Schrägschrauben" mit ihrem am Männer-Ego schwer kratzenden Programm sagen das in einem einfachen Satz: „Männer sind was Unheimliches - generell!" Mädl und Langner trösten augenzwinkernd das arg gebeutelte männliche Geschlecht: „Ein paar Körnchen Wahrheit sind schon drin im Programm der .Schrägschrauben'. Aber wir Frauen lieben die Männer trotzdem."
Irgendwie lieben die „Schrägschrauben" die Männer doch, auch wenn sie mit ihnen ganz schön ins Gericht gehen. Hier verliert Gittarist Bernhard Helmstreit seine Hosenbeine, von zarten Schrägschrauben-Händen umspielt. Bild: kad |